Interviews


Leserkanone.de-Exklusivinterview vom 10.09.2020

In seinem aktuellen Roman »La Libertad«widmet sich Bernhard Conrad Folter und Befreiung. Im Interview mit Leserkanone.de sprach der Autor über das Buch, über schwierige Romanthemen und über Südamerika.

– Herr Conrad, vor einiger Zeit erschien Ihr neuer Roman »La Libertad - Folter und Befreiung«. Womöglich hat noch nicht jeder Besucher unserer Webseite Notiz von dem Buch genommen, könnten Sie es unseren Lesern daher kurz mit eigenen Worten vorstellen?

Hallo, und vielen Dank dafür, dass Sie mir die
Möglichkeit geben, mich auf Lesekanone vorstellen zu dürfen.

 

»La Libertad - Folter und Befreiung« ist für mich zuallererst ein philosophischer Roman, der sich mit der Frage auseinandersetzt, ob Menschen im Angesicht von Unmenschlichkeit und Folter verzeihen können und ob dieser Vorgang dann zu einer persönlichen Befreiung führen kann.

Der Roman wählt dabei eine Vierteilung der Erzählung, die von einem Reisebericht eines nicht näher genannten jungen Mannes aus Deutschland ausgeht, der sich auf der Suche nach »Abenteuern« zuerst nach Französisch-Guayana, danach nach Brasilien und Argentinien begibt. Durch einen Zufall gerät er in einen imaginären Militärputsch, wird gefangen und schließlich aufs Schlimmste gefoltert. Im Gefängnis lernt er einen alten Guerillero kennen, der sich nach der Folter wie ein Vater um ihn kümmert. Beide werden durch eine kleine Guerilla-Truppe unter der Führung der Ziehtochter dieses alten Guerilleros befreit. Im zweiten Teil des Romans wird die Geschichte nun durch Maria, die Befreierin, erzählt. Die Reise des inzwischen verstummten Deutschen, den sie »Fisch« tauft, begibt sich von den »Äußerlichkeiten« des Reiseromans immer mehr in die inneren Sphären des Daseins, der Philosophie und den politischen Verhältnissen in einer Diktatur. Maria, die sich zuerst mit der absoluten Schwäche des Fisches auseinandersetzen muss, lernt ihn zu lieben und mit ihm zu wachsen, sich selbst von einer scheinbar starken Guerilla zu einer sich neu entdeckenden Frau zu entwickeln. Im dritten Teil durchlebt der Fisch selbst seine Befreiung, die sich während des Zusammentreffens mit einem seiner Folterer entwickelt. Im vierten Teil schließlich entscheiden sich Maria und der Fisch für ein neuen Weg in ihrem Leben.

Während der erste und vierte Teil die unpersönliche Sicht eines Betrachters einnimmt, werden der zweite und dritte Teil aus der persönlichen Sicht der beiden Hauptpersonen des Romans erzählt. Der Roman zeichnet sich dabei durch eine extreme Darstellung der Folter und auch der Befreiung aus, auf die im Roman vor den entsprechenden Kapiteln hingewiesen wird, damit sensible Leser die entsprechenden Kapitel unter Umständen überspringen können.

Der Roman hält sich in seiner Erzählung an kein gängiges Genre, er ist teils historisch, teils ein Reiseroman, teils flackern Liebe und Erotik auf, dann wieder äußerste Brutalität, alles flankiert von philosophisch-moralischen Diskursen, die auch aktuellere politische Begebenheiten berücksichtigen. Weiterhin gibt es für interessierte Leser ein umfangreiches

   

Literaturverzeichnis, um sich in die Materie weiter zu vertiefen. Der Roman ist sicherlich keine leichte Kost, eine inzwischen durchgeführte Leserunde mit über 700 Diskussionsbeiträgen zeigt aber, dass der Roman wichtig und aktuell ist.

– Den Lesern welcher anderer Autoren oder welcher anderen Romane würden Sie Ihr Buch ans Herz legen? Haben Sie literarische Vorbilder? Was sind Ihre eigenen Lieblingsromane?

Nun, der Roman ist sicherlich für all jene geeignet, die sich für die Thematik Folter, Diktatur und persönliche Befreiung interessieren. Es spielt dabei keine Rolle, welche Autoren diese Leser zuvor gelesen oder wie sie sich ansonsten der Thematik angenähert haben.

Ich würde den Lesern sicherlich die Romane von V.S. Naipaul und Heinrich Böll empfehlen. Da ich auch die Science Fiction mag, gehören für mich Stanislaw Lem, Philip Jose Farmer oder Robert Silverberg zu den gerne gelesenen Autoren. Meilensteine der Literatur stellen für mich »Ulysses« von James Joyce sowie »Tristram Shandy« von Laurence Sterne dar, absolut lesenswert. Weiterhin mag ich die Bücher von Frank Schätzing und Raymond Queneau. Meine Lieblingsautorin ist die leider nur wenigen bekannte Angelika Mechtel, an der ich mich gerne auch mal orientiere. Außerdem beeinflussen mich sehr stark die Werke von Christian Thomasius und de Sade. Zu de Sade möchte ich hier noch eine kleine Anmerkung machen: In Deutschland wird de Sade gerne ausschließlich als Pornograph gesehen, damit hatte ich auch während meines Philosophiestudiums zu kämpfen. Sicherlich, er nutzt die Pornographie um den Leser zu indoktrinieren, allerdings geht es ihm in seinen Werken nicht um Pornographie - diese ist nur ein Vehikel - sondern vielmehr um Philosophie und Psychologie, inzwischen wird er allgemein zu den einhundert wichtigsten Philosophen der Neuzeit gezählt. Es ist schade, dass es zwar recht viele Leser gibt, die schon einmal in den »120 Tagen« geblättert oder gar ein paar Seiten aus der »Justine« gelesen haben, allerdings lassen sich nur wenige Leser darauf ein, auch einmal das absolut wichtige Vorwort des Marquis zu den »120 Tagen« zu lesen, das ist der Beginn der modernen Psychologie, das Werk selbst ein Vorgeschmack auf den Faschismus des Dritten Reichs und in der »Justine und Juliette« hält er der Aufklärung durchaus gekonnt den Spiegel entgegen, offenbart, wozu Aufklärung auch fähig sein kann. Während meines Studiums habe ich über 10.000 Seiten des Marquis gelesen und daraus sehr viel gelernt, was sich auch in

 
   

meinem Roman »La Libertad« widerspiegelt.

– Wie kamen Sie darauf, ausgerechnet einem solch schwierigen Thema wie dem der Folter einen solch großen Raum in Ihren Buch zu widmen?

Folter ist zuerst einmal eine Tätigkeit, die jeden Tag auf dieser Welt angewendet wird. In Unrechtsstaaten findet sich die Folter teilweise in sehr extremen Formen, so wie ich sie auch in meinem Roman schildere. Allerdings gibt es auch in den demokratischen Staaten dieser Erde Folter, diese oft in Form der sogenannten »Weißen Folter«, einer Folter also, die weniger körperlich erkennbar und daher auch schlechter nachzuweisen ist. Mir geht es in »La Libertad« aber auch darum aufzuzeigen, dass wir alle nicht nur Opfer von Folter werden können, sondern dass uns Menschen allgemein eine Disposition zur Folter eigen zu sein scheint, diese jedoch durch gesellschaftliche Normen unterdrückt wird. Fallen diese Normen dann plötzlich weg - wie in Diktaturen und während Bürgerkriegen üblich, siehe z.B. den Faschismus oder den Bosnien- Konflikt -, werden ganz »normale« Menschen plötzlich zu folternden Bestien, die morden, verstümmeln und vergewaltigen. »La Libertad« soll also ein Aufschrei der Opfer sein, gleichzeitig aber auch uns selbst die Frage stellen, wie würden wir uns in den geschilderten Situationen verhalten?

Der Grund, ein solches Buch zu schreiben, liegt wohl aber auch darin begründet, dass ich Personen kennenlernen durfte, die gefoltert wurden, dass ich auch Menschen verloren habe, die mit extremer Gewalt konfrontiert waren, ich selbst mehrmals von Soldaten verschiedener Länder mit der Waffe bedroht wurde. Zum Glück wurde ich selbst nie gefoltert, aber für einen Schriftsteller ist die Imagination das Mittel, mit dem er die Welt - und hier eben die schlimmsten Seiten dieser Welt - darzustellen vermag.

– Für Ihren Roman erschufen Sie ein fiktives Südamerika. Weshalb ist Südamerika der ideale Schauplatz für ein Buch wie das Ihre? Was bedeutet Ihnen der Kontinent selbst?

Ich habe mehrere Jahre in Französisch-Guayana sowie Suriname gelebt und weite Teile des Kontinents bereist, über die drei Guyanas habe ich seit 1995 mehrere Reiseführer geschrieben,

 
   

die bis 2018 beim Aragon Verlag und danach bei BoD erschienen sind, weiterhin gibt es eine Anthologie über beide Länder, für die ich als Herausgeber und Mitautor fungiere. Dabei ist mir immer wieder aufgefallen, wie nett die Menschen zu mir waren, wie hilfsbereit, doch gleichzeitig sah ich überall und immer wieder Militärs, die mich teilweise auch mit entsicherten Waffen bedrohten. Die Kindersoldaten in Paraguay werde ich dabei ebensowenig vergessen wie mein Aufenthalt während des Dschungelkrieges in Suriname. Gleichzeitig bleiben mir aber auch die Erlebnisse bei den Indianern, den Maroons und den Creolen in Guyane und Suriname im Gedächtnis, da sind bis heute anhaltende Freundschaften entstanden. Insbesondere in Guyane fühle ich mich fast zuhause.

Südamerika ist ein Kontinent, der unter Militärdiktaturen wahrhaft gelitten hat. Am Ende meines Romanes weise ich darauf hin, dass es im 20. Jahrhundert nur zwei Länder in Südamerika gab, in denen es keine Militärdiktatur gegeben hatte: Französisch-Guayana und Guyana, doch auch diese beiden Länder hatten als Gefängniskolonie bzw. durch einen jahrelangen Bürgerkrieg mit Gewalt zu kämpfen. Folter gab es eigentlich in jedem südamerikanischen Land, insbesondere in Argentinien, Brasilien, Chile und Paraguay.

– Laut Ihrer Webseite arbeiteten Sie zwischen 1993 und 2007 an dem Buch. Weshalb nahm der Schreibprozess einen solch lange Zeit in Anspruch, und warum dauerte es nochmals viele Jahre bis zur Veröffentlichung? Welcher Aufwand steckt generell in einem Buch wie »La Libertad«?

Einerseits wurde meine Arbeit an dem Roman durch die Entstehung meiner Reiseführer eingeschränkt. Ich hatte Aufträge zu erfüllen, die nunmal vorgingen. Danach ging die Arbeit weiter, der Roman war in einer ersten Fassung bereits nach wenigen Jahren fertig. Ich reichte ihn bei diversen Verlagen zur Veröffentlichung ein, allerdings, wie das so ist, erhielt ich hierzu Absagen, jedoch konkretisierte sich das Bild darin, dass man die Befürchtung hatte, der Roman könne auf dem Index landen. Das war für die etablierten Verlage natürlich ein zu großes Risiko. Also begann ich, den Roman umzuschreiben und ihn an wesentlichen Stellen zu entschärfen, ohne dass dabei meine Ziele verloren gehen sollten. Das Umschreiben fällt einem bei einem solch wichtigen Thema natürlich schwer, ich wollte mich gerade von den extremen Darstellungen möglichst nicht trennen. Außerdem erfolgte dieser Umschreibeprozess an

 
   

verschiedenen Orten, sowohl in Deutschland als auch in der Ukraine, wo ich mich mit meiner Familie mehrere Jahre aufhielt, wodurch alles natürlich noch länger dauerte. Allerdings bin ich auch kein Schnellschreiber, ich lasse mir gerne Zeit beim Schreiben, es entwickelt sich viel während des Schreibvorgangs, die Wendungen sind nie so genau vorhersehbar ...

Generell benötigt man für einen Roman wie »La Libertad« sehr viel Leidensfähigkeit. Während des Schreibens durchlebt man zum ersten Mal die Hölle, dann bei jedem Korrekturlesen. Es ist ja nicht so, dass hier ein Liebesroman oder eine Komödie entsteht, es ist Gewalt in der rohesten Form, die den Leser an eine Schmerzgrenze bringen soll, damit er versteht, was Folter für einen Menschen bedeutet. Dann muss dem Leser aber auch noch die Möglichkeit gegeben werden, sich intellektuell wieder von dem Horror der Folter zu lösen, das Ganze sozusagen aus einer neutraleren Perspektive zu betrachten. Weiterhin möchte ich hier auch philosophische und politische Gedankengänge dem Leser näher bringen, er soll über sich selbst in einer Grenzsituation nachdenken können. So etwas geht selbstverständlich nicht in einem schnell dahin geworfenen Text. Es müssen passende Dialoge gefunden werden, die Gedanken der Protagonisten müssen zu den extremen Ereignissen passen. In »La Libertad« müssen die Abscheu vor dem Geschehen und die Lust weiter zu lesen in die Waage gebracht werden. Die oben erwähnte Leserunde hat gerade durch ihre Intensität gezeigt, dass mir dies gelungen zu sein scheint, die erhaltenen Bewertungen sprechen da für sich.

Ein guter Roman, so glaube ich, braucht seine Zeit. Es gibt Autoren, die schleifen tagelang an einer Formulierung herum, andere benötigen für den Anfangssatz eines Kapitels Monate. Mir geht es häufig so, dass ich über Wochen keinen einzigen Satz schreibe, dann wache ich morgens auf oder habe in der Nacht plötzlich eine Formulierung, die mich zu meinem Arbeitsplatz hetzen läßt, wo ich dann in wenigen Stunden ein ganzes Kapitel schreibe. Manchmal ist die Geschichte aber auch so schwierig, dass ich vor jedem Kapitel zuerst alle anderen Kapitel erneut lesen muss, insbesondere da ich es mag, z.B. den verschiedenen Charakteren eigene Stilmittel mitzugeben.

Hinzu kommen insbesondere bei einem Roman wie »La Libertad« die Recherche, die einen großen Teil der Zeit in Anspruch nimmt. Je länger man dann an dem Roman schreibt, desto öfter müssen Gedanken überprüft werden, die Hintergründe gesichtet und die Quellen belegt

 
   

werden. Keine leichte Arbeit, aber Handwerk nunmal.

– Schlussendlich haben Sie Ihr Buch ohne einen traditionellen Verlag in Eigenregie via »bookmundo« veröffentlicht. Was hat Sie dazu bewogen, es auf diesem Wege zu versuchen? Und halten Sie in der heutigen Zeit Verlage überhaupt noch für nötig?

Ein wenig zum Werdegang des Romans habe ich Ihnen bereits vorhin erzählt. Daraus können Sie erkennen, dass die Veröffentlichung eines solchen Romans nicht so einfach ist. Mir fehlen vielleicht auch nur die nötigen Beziehungen um bei einem traditionellen Verlag angenommen zu werden. Es ist aber durchaus bemerkenswert, dass ich »La Libertad« in der jetzigen Form zuerst nicht bei »bookmundo« herausbringen wollte, sondern bei einem der bekannten Books-on- Demand-Verlage. Jedoch wurde selbst durch einen sogenannten Selfpublisher-Verlag die Veröffentlichung abgelehnt, zuerst ohne Begründung, dann auf Anfrage, weil man solch ein Thema nicht veröffentlichen wolle. Auf meiner Suche nach einem Verlag kam mir dann die Idee, mein Buch nicht in Deutschland erscheinen zu lassen, da ich mir erhoffte, im Ausland eher eine Veröffentlichung vornehmen zu können. Dabei stieß ich auf »bookmundo«, ein Verlag der zwar in Deutschland Werbung für sich macht, jedoch in Rotterdam ansässig ist. Hier war die Veröffentlichung überhaupt kein Problem, nur muss ich jetzt damit »kämpfen«, dass »La Libertad« mit einer niederländischen ISBN auf dem Markt ist, wodurch mein Roman z.B. bei der Deutschen Nationalbibliothek zuerst als fremdsprachiges Werk geführt wurde.

Es gibt gerade im Internet immer wieder eine Diskussion über Zensur, der ich mich so nicht anschließen möchte. Für ein Werk wie »La Libertad« bedarf es eines Verlegers, der genug Engagement aufweist, sich auch mit einem Problemthema und evtl. rechtlichen Auseinandersetzungen zu beschäftigen. Dieser Verleger muss aus Überzeugung handeln. Da ich persönlich solche Verleger nicht kenne, ich mir auch nicht so sicher bin, ob es solche Verleger überhaupt noch gibt, sehe ich aktuell wenig Möglichkeiten, einen renommierten Verlag für meinen Roman zu finden. Ich denke dabei immer an ein Gespräch, welches ich einmal im Flugzeug mit einem Buchhändler geführt habe. Er sagte mir, dass jeder Megaseller mindestens zehn aufstrebende Autoren tötet, denn die großen Publikumsverlage üben einen solchen Druck auf die Buchhändler aus, dass diese fast ihren gesamten Platz für die Ausstellung der Megaseller

 
   

bereit stellen müssen, wodurch dann junge, noch unbekannte Autoren überhaupt nicht mehr angeboten werden können. Das Verlagswesen ist heute nunmal überwiegend Business, das Streben nach der Massenware, die literarischen Verleger gehören vielleicht leider schon der Vergangenheit an.

Verlage halte ich durchaus für wichtig. Allerdings wäre es gut und zeitgemäß, wenn diese Verlage am Verlagsrecht etwas ändern würden, denn das aktuelle Verlagsrecht erinnert doch stark an frühkapitalistische Strukturen und Abhängigkeiten. So kann man als Autor z.B. seinen Autorenvertrag bei einem normalen Verlag i.d.R. nicht kündigen, da muss man dem Verlag schon extreme Versäumnisse nachweisen können (z.B. die Nichtzahlung von Tantiemen über einen längeren Zeitraum oder das Fehlen jeglicher Bewerbung für ein Buch etc.). Ich war in diese Thematik involviert und bin froh, dass ich mich als Autor in einer entsprechenden Gewerkschaft befinde, die mir bei den Auseinandersetzungen die nötige Rechtshilfe geleistet hat. Es gibt weiterhin das Problem, welches aber auch bei den sog. Selfpublisher-Verlagen anzutreffen ist, dass die Verlage nämlich in ihren Verträgen eine Abtretung der VG-Wort- Tantiemen des Autors an den Verlag vorsehen, der man explizit widersprechen muss, damit man seinen Autorenanteil von der VG-Wort auch tatsächlich erhält, was z.B. bei mir eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle darstellt.

Und damit wären wir bei den Vorteilen der renommierten Verlage: Das Marketing sowie die anderen Verlagsarbeiten (z.B. Lektorat) sind nicht zu unterschätzen und für das Gelingen eines Buchprojektes durchaus wichtig. Weiterhin kann eigentlich nur ein Verlag wirklich die Urheberrechte schützen, dazu bedarf es einer entsprechenden Rechtsabteilung. Die Frage der Urheberrechte ist mir in diesem Zusammenhang sehr wichtig: Es gibt momentan immer wieder Artikel im Internet, die darauf dringen, die Urheberrechte möglichst ganz auszusetzen, damit alle Quellen im Internet frei verfügbar sind. Diese Autoren verkennen aber den enormen Aufwand ein Buch zu schreiben, ein Lied zu komponieren oder ein Gemälde anzufertigen. Wir sollten erkennen, dass Künstler zum größten Teil zu den am schlechtesten verdienenden Berufstätigen zählen, die gemeldeten Durchschnittseinkommen sind im Lichte betrachtet Makulatur, da sie die Million-Seller über Gebühr berücksichtigen; die realen Einkommen vieler Künstler liegen oftmals unter dem Existenzminimum. Andererseits halte ich es für sehr fragwürdig, wenn auf Fotografien von z.B. öffentlichen Gebäuden, Plätzen etc. Urheberrechte

 
   

vergeben werden, da es sich bei solchen Fotos um keinen künstlerischen Akt handelt, solange an den Darstellungen keine sichtbaren Verfremdungen vorgenommen wurden, hier wäre eine Diskussion über das Urheberrecht solcher Darstellungen durchaus angebracht.

Als Selbstherausgeber seiner Bücher muss man jeden Schritt selbst übernehmen, was durchaus negative Auswirkungen auf die Kreativität haben kann. Soll ein Buch wirklich gut werden, so nimmt die Arbeit zwischen der Beendigung des Schreibens und der tatsächlichen Veröffentlichung durchaus mehrere Monate ein, wie gesagt: wenn es gut werden soll ... Danach kommt dann die Vermarktung, die für die meisten Autoren dann den Knock-out bedeuten, denn so einfach, wie die ganzen Blogs im Internet und die Selfpublisher-Verlage das darstellen ist es eben nicht, die meisten Autoren denken da viel zu blauäugig ... In diesem Sinne würde ich mir natürlich die Veröffentlichung meiner Bücher in einem Publikumsverlag wünschen.

– Ihr Werk ist als Taschenbuch-Ausgabe erschienen, jedoch (bis dato) nicht in digitaler Form. Wie kam es dazu? Und kann ein Buch auch im Jahre 2020 noch problemlos ohne E-Book-Ausgabe bestehen?

Zum einen habe ich mit meinen bisherigen Veröffentlichungen, die - bis auf den Bildband und »La Libertad« - alle auch als E-Book erhältlich sind, bei mehreren tausend verkauften Büchern die Erfahrung gemacht, dass sich meine Bücher durchweg in der Print-Version wesentlich besser verkaufen (nur etwa 1% meiner verkauften Bücher sind e-books).

Zum anderen habe ich »La Libertad« nicht als Massenbuch veröffentlichen wollen, da es ein zu spezielles Thema behandelt. Wer sich für dieses Thema interessiert, sollte bereit sein, dieses Buch in der Print-Version zu lesen, insbesondere um die entsprechende mentale Ruhe der Buchseiten zu haben (man kann ein Buch, welches man in Händen hält eben nicht scrollen, man muss vielmehr dem Seitenverlauf folgen, sich auf die Gedankengänge des Autors vollumfänglich einlassen). Weiterhin wollte ich mit der Print-Version (anfangs hatte ich sogar vor, nur eine Hard-Cover-Ausgabe zu machen, um wirklich nur interessierte Leser zu erreichen) das ungewollte Kopieren aus dem Internet möglichst vermeiden, insbesondere, da es in dem Roman recht extreme Darstellungen gibt.

 
   

Das ich für den Roman nun überhaupt durch Leserunden, Leseproben, Lesungen oder z.B. dieses Interview »werbe« hängt auch damit zusammen, dass ich seit der Veröffentlichung viel Zuspruch von diversen Seiten hinsichtlich der Wichtigkeit und der Qualität des Romans erhalten habe, die mich dazu veranlassen, »La Libertad« nun doch einem größeren Publikum vorzustellen. Dieses Buch ist eben kein »normales« Buch, kein Roman für Zwischendurch, doch es erscheint mir wichtig genug, dass auch ein größeres Publikum davon Kenntnis nehmen sollte.

– Was können wir von dem Autor Bernhard Conrad in der nächsten Zukunft erwarten? Sind bereits neue Buchprojekte in Planung? Stehen außerdem Termine für Messen, Lesungen & Co. fest, bei denen man Sie live erleben kann?

Es gibt aktuell einige Projekte, an denen ich arbeite.

Als nächsten Roman möchte ich ein Buch über den Terrorismus (der ISIS) herausbringen. Ein großer Teil ist bereits geschrieben, aber wie ich bereits sagte: Während des Schreibens entwickeln sich meine Bücher immer weiter. Ich gehe aber davon aus, dass der Roman noch dieses Jahr auf den Markt kommen wird.

Ein weiteres Romanprojekt ist ein Science-Fiction, an dem ich bereits länger arbeite, jedoch recht unregelmäßig. Es geht darin um die Frage, was das Mensch-Sein überhaupt ausmacht. Da dieses Projekt sehr umfangreich ist, kann ich eine Veröffentlichung noch nicht vorhersagen.

Ein weiteres, eher kleines Projekt, ist ein Buch mit Kurzgeschichten über skurrile Erlebnisse auf Reisen, eher lustig und autobiographisch.

Schließlich sind dann auch noch ein paar Kinderbücher in der Pipeline, für die aktuell die (sehr schönen) Zeichnungen angefertigt werden. Da diese aber durch andere Personen erstellt werden, kann ich momentan noch nicht sagen, wann diese Kinderbücher erscheinen.

Aus dieser Vielzahl an Projekten können Sie auch erkennen, dass ich mich nicht gerne in eine Genre-Ecke stecken lasse. Die Phantasie ist so mächtig, warum sollte sie nur auf ein Thema beschränkt bleiben?

 

Messen besuche ich aktuell nicht, ich glaube nicht, dass diese tatsächlich einen Mehrwert für eher unbekannte Autoren bringen. Lesungen sind da etwas anderes, diese können nicht nur erfolgreich für den Verkauf sein, sondern sie beleben die Diskussion zwischen Autor und Leser ungemein. Durch Corona ist im Augenblick leider nur wenig zu machen, aber ich denke und hoffe, dass es in der Zukunft wieder lebendiger in dieser Hinsicht wird. Diese Lesungen sind insbesondere auch sehr gute Testläufe für neue Projekte, bei denen ich sehen kann, wie einzelne Kapitel auf die Zuhörer wirken. Für weitere Informationen zu neuen Projekten oder Terminen können Interessenten gerne auf meiner Homepage www.bconrad.eu nachschauen - ich freue mich über jeden Besuch und jeden Kommentar oder auch eine Anfrage zu einer Lesung oder Ausstellung.

Ich danke Ihnen nochmals für das Interview und bin auch auf Ihre Meinung zu »La Libertad« gespannt.

Das Team von Leserkanone.de dankt Bernhard Conrad für die Zeit, die er sich genommen hat!

 

Veröffentlicht auf Leserkanone.de am 10.09.2020