Bernhard Conrad

© Bernhard Conrad, 1995
© Bernhard Conrad, 1995

Wenn Sie sich auf diese Seite verirrt haben, dann wissen Sie ja bereits, wie ich heiße.

 

Ich wurde 1961 in Saarbrücken, direkt gegenüber des Schlosses, geboren. Es war ein heißer Sommer, und meine Eltern verfluchten wahrscheinlich die damalige Hitze, besonders wohl meine Mutter. Meine fünf Jahre ältere Schwester hatte nun einen kleinen Spielgefährten, auf den sie sicherlich mehr aufpassen musste, als ihr lieb war. Mein Vater, Jahrgang 1921, kam nach einer 12-jährigen Kriegsgefangenschaft in Sibirien erst Mitte der 50er Jahre nach Deutschland zurück und heiratet meine Mutter, die 1938 geboren wurde und ihre Jugend in überwiegend französischen Klosterschulen zugebracht hatte, versteckt vor den Nazis, die ihren ermordeten Vater nie gekannt hat und ihre Mutter erst mit 16 Jahren kennenlernen konnte. Die Kriegsvergangenheit meiner Eltern beeinflusste unser Familienleben stark, was bei mir – im Gegensatz zu meiner Schwester – zu einem relativ unsteten Lebenswandel führte.

 

Nach dem Abitur trat ich kurzfristig den Zivildienst an, entschied mich aber recht schnell dazu, auch diesen zu verweigern. Als Totalverweigerer wartete ich dann in besetzten Häusern in Nürnberg auf meinen Prozess, was mich immer stärker politisiert. Meine Prozesse in Bitburg und Trier wurden von der Öffentlichkeit leidlich verfolgt, ich war dann auch der erste Totalverweigerer in Deutschland, der nicht ins Gefängnis musste - später wurden Totalverweigerer sogar freigesprochen, zu meiner Zeit undenkbar!

 

Zur selben Zeit begann ich in Trier, später auch in Mainz und Hamburg, Philosophie, Politikwissenschaften und Pädagogik zu studieren, daneben auch ein wenig Germanistik und Sinologie. Nebenher trampte ich wöchentlich einmal quer durch Deutschland und später dann per Daumen durch halb Europa.

 

Schließlich verschlug es mich nach Südamerika, genauer nach Französisch-Guayana und Suriname, wo ich ab 1987 über drei Jahre verbrachte. In dieser Zeit lernte ich Bürgerkriegsgebiete kennen, sah ermordete Menschen und begann, mich mit dem Thema Folter intensiver zu beschäftigen. Da ich mich in meinem Philosophiestudium auf Marquis de Sade spezialisiert hatte, war es mir möglich, mich auch mit den extremsten Formen der Folter auseinanderzusetzen, was ich in meinem ersten Roman zu verarbeiten versuchte.

 

Später lernte ich in Hamburg meine ehemalige litauische Frau kennen, während eines Konzerts - sie sang dort in einem Vokal-Ensemble. Das Konzert war Teil einer Kunstgewerbemesse in der Hamburger Börse, die ich mit meiner damaligen Galerie "Cayenne Connection" veranstaltete. Mit ihr verschlug es mich später für drei Jahre in die Ukraine, wo wir die "Orangene Revolution" miterleben konnten.

 

Heute lebe ich in einer ostdeutschen Großstadt ein relativ ruhiges Leben, was mir die nötige Zeit für meine schriftstellerische Tätigkeit bietet.

 

Meine ersten Schreibversuche unternahm ich im Gymnasium: sperrige, experimentelle und zumeist von pubertären Selbstzweifeln beeinflusste Gedichte, gelegentlich kleinere Kurzgeschichten.

 

An die Öffentlichkeit ging ich mit diesen Machwerken zuerst auf einer Schulveranstaltung, später dann auch bei Konzerten, wo ich während der Auftritte einer Musikgruppe, in der ich Percussion spielte und "sang", einige Gedichte vortrug, was mir tatsächlich meine ersten "Groupies" einbrachte ...

 

Meine Texte wurden in der Folge immer experimenteller, teilweise sehr lang, teilweise nur aus wenigen Worten bestehend. Ich versuchte mich in ersten längeren Geschichten, in denen ich meiner Fantasie freien Lauf ließ.

 

In der Zeit meines Aufenthaltes in Französisch-Guayana entstand dann die Idee zu meinem ersten Roman "La Libertad". Dieser Roman beschäftigte mich etwa von 1993 bis 2007, durch seine Thematik - Folter und Freiheit - immer wieder durch längere Selbstfindungsprozesse unterbrochen. Es sollte ein radikaler, ein tabuloser, ein absolut kompromissloser Roman werden, ein Roman, der bei den "Probelesern" teilweise heftige Reaktionen hervorrief. Der Roman erschien dann letztlich für den deutschen Buchmarkt in den Niederlanden. Eine Leserunde im Internet war mit über 700 Diskussionsbeiträgen sehr erfolgreich, es folgte ein längeres Interview zum Buch, und die inzwischen erschienenen Rezensionen sprechen für sich.

 

Da mich zur selben Zeit jedoch auch meine Reiseführer in Anspruch nahmen und hierfür ein Verlag schnell gefunden war, musste mein Roman als Projekt zurückstecken. Im ersten Reiseführer über Französisch-Guayana konnten dann aber zum Glück auch einige Kurzgeschichten untergebracht werden, was diesem Buch eine besondere, authentische und insbesondere persönliche Note gab. Die Leser mochten es.

 

In der Neuauflage konnten die Kurzgeschichten allerdings nicht mehr untergebracht werden, sie mussten weichen. Doch auch an ihnen lag mein Herzblut. Also entschied ich mich dazu, sie selbst zu verlegen, und dies zum Anlass zu nehmen, auch meine anderen Projekte endlich der Öffentlichkeit vorzustellen.

 

Es geht mir in diesen Projekten um Freiheit und das Brechen von Tabus - nicht immer leicht für Sie, den Leser, aber vielleicht doch inspirierend und nachdenklich machend. Lassen Sie sich also überraschen, seien Sie auf nicht allzu leichte Kost gefasst, wagen Sie den Sprung in Romanwelten, in denen Gewalt, Sexualität, Fantasie, Politik und Philosophie in eine ständige Auseinandersetzung eintreten, auf der Suche nach einer Freiheit des Individuums und der Gesellschaft.

 

Recht erfolgreich wurden auch meine bisherigen Reiseberichte über Oldtimerfahrten durch Europa, die einem eigentlich recht verrückten Traum von mir entsprangen und die ich während der Pandemie umzusetzen begann. Leider ist das Autochen, meine Freundin, 2023 in Osteuropa dem Zahn der Zeit anheimgefallen, so wird der 3. Teil der Reiseberichte wahrscheinlich nicht mehr Realität werden - schade ...

 

Ein anderes Steckenpferd waren über längere Zeit Fotoausstellung, die ich mit einem französischen Freund von der Réunion in der Ukraine, Frankreich und Deutschland sehr erfolgreich durchführte. Hieraus entstand dann ein Kunst-Bildband, der sowohl in Deutschland als auch in Frankreich erschienen ist.

 

Neben meiner schriftstellerischen Tätigkeit engagiere ich mich allerdings auch seit vielen Jahren im sozialen Bereich, habe dabei sowohl als ehrenamtlicher Betreuer minderjähriger Ballett-Eleven aus Korea für die Hochschule für Darstellende Kunst in Mannheim gearbeitet, als mich auch in einem Service-Club an verschiedenen Standorten für die Belange benachteiligter Kinder in Deutschland und anderen Ländern eingesetzt, in diesem Zusammenhang insbesondere auch für Flüchtlingskinder aus der Ukraine.

 

Da ich durch meinen Roman "La Libertad" immer wieder gefragt werde, welchen Bezug ich denn überhaupt zu Gewalt und Folter hätte, möchte ich hier kurz tabellarisch darlegen, welche Erfahrungen ich mit diesem Thema habe (obwohl ich dies eigentlich vermeiden wollte):

 

- Bezüge in der Familie: Großvater mütterlicherseits im KZ Dachau ums Leben gekommen. Meine Mutter wurde daher in einem französischen Kloster erzogen, lernte ihre Mutter erst mit 16 Jahren kennen. Mein Vater - als Jugendlicher ein überzeugter Nazi, später nicht ganz so eindeutig - erzählte mir gelegentlich von seiner 12-jährigen Lagerhaft in Sibirien. Insgesamt trat er in der Familie gelegentlich sehr gewalttätig auf.

- Aufenthalt in Konfliktgebieten: Suriname während des Dschungelkrieges und Ukraine während der Orangenen Revolution.

- Mit der Waffe aktiv bedroht bzw. beschossen worden sowie erlittene Körperverletzungen in: Französisch-Guayana, Suriname, Brasilien, Ukraine und Deutschland.

- Kontakte zu Gefolterten und Vertriebenen Menschen in: Suriname, Litauen und Deutschland.

- Zeuge von Gewaltakten mit Tötungsfolgen in: Suriname und Deutschland.

- Spezialisierung im Philosophie-Studium auf Marquis de Sade, was zusammen mit den eigenen Gewalterfahrungen meine literarischen Ansichten sowie die Themen und den Schreibstil sehr stark beeinflußt hat.

Mein Leben ist noch nicht gelebt, wer weiß, wohin es mich noch verschlagen wird. Als Leser können Sie auf jeden Fall daran teilnehmen.

 

Das Motto meines Lebens lautet:

Tchimbé raid' pa molli! (Bleib stark, gib nicht auf!)

Chemnitz 2024

 








Ihr Bernhard Conrad